Zwei Jahre nach der Gebärmutterentfernung

1. Mrz 2023 | 7 Kommentare

Isabel-Reusser_mit_Gebaermutter_01

Heute auf den Tag ist es genau zwei Jahre her, dass mir die Gebärmutter entfernt wurde. Ich weiß noch, wie mich mein Mann vor dem Krankenhaus abgesetzte und ich mich tapfer mit meinem Rollköfferchen auf die Station begab. Wegen Corona durfte mich damals niemand begleiten oder besuchen. In meinem Kopf waren immer noch Zweifel. Auf dem OP Tisch wäre ich am liebsten geflüchtet. Ich zitterte am ganzen Körper. Der OP Pfleger gab sich alle Mühe mich zu beruhigen. 

 

Mich plagten unendliche Schuldgefühle.

Immer wieder fragte ich mich, ob ich genug getan hatte, meine Gebärmutter doch noch zu retten. In den sozialen Netzwerken werden Frauen für den Eingriff teilweise stark verurteilt. Gilt die Gebärmutter doch als Sitz der Seele und des Zentrums der Weiblichkeit. Verlor ich mit dem Eingriff jetzt meine weibliche Identität? Stimmte etwas mit meiner Persönlichkeit, meinem Verständnis als Frau nicht, dass meine Gebärmutter mich derart plagte? Hatte ich die Signale nicht verstanden und die falschen Maßnahmen ergriffen? War die Entfernung wirklich der richtige Weg? Was, wenn es mir nach dem Eingriff noch schlechter geht? Fragen über Fragen wirbelten durch meinen Kopf.

 

Meine Erwartungen waren anfangs zu hoch.

Bereits nach der OP war mir rational bewusst, dass es keinen anderen Weg gegeben hätte. Mein Körper war durch die ständigen Entzündungen und den Blutverlust so ausgelaugt, dass ich nicht viel länger durchgehalten hätte. Emotional brauchte es ein paar Monate meinen Frieden mit dem Verlust meiner Gebärmutter zu finden. Im Heilungsprozess gab es im ersten Jahr immer wieder kleinere Rückschläge in Form von Blasen- und Nervenreizungen und unangenehmen Verspannungen im Beckenboden. Ich gebe zu, meine Erwartungen waren anfangs zu hoch. Ich hatte mir vorgestellt, Gebärmutter raus – drei Wochen Schonung – alle Probleme vergessen. So einfach war es natürlich nicht. Schließlich war meine Gebärmutter auch nicht innerhalb von drei Wochen krank geworden, sondern in einem schleichenden Prozess über viele Jahre hinweg. 

 

Nimm Dir die Zeit, Deine Erkrankung aufzuarbeiten.

Mir hat es sehr geholfen, meine Erkrankung nochmals in Ruhe aufzuarbeiten. Ein wichtiger erster Schritt war mein Buch, indem ich mich intensiv mit meiner Krankheitsgeschichte auseinandergesetzt habe. Zudem wollte ich noch mehr verstehen, warum mein Körper mir so viele Probleme bereitet hatte. Dabei musste ich mir schmerzlich eingestehen, wie viel Raubbau ich über Jahre hinweg an meinem Körper betrieben hatte. Immer Vollgas und wenig Erholung. Ich war lange Stolz auf mein Leben auf der Überholspur. Den Stress nahm ich irgendwann gar nicht mehr wahr. Mittlerweile habe ich mein Leben grundlegend verändert und achte deutlich mehr auf die Bedürfnisse meines Körpers. Ich merke wie gut mir das tut und hoffe, ich habe das Ruder rechtzeitig herumgerissen.

 

Die OP war in meinem Fall die absolut richtige Entscheidung.

Zwei Jahre nach dem Eingriff kann ich voller Überzeugung sagen, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe. Meine Eisenwerte haben sich normalisiert, was ich deutlich im Alltag merke. Ich bin weniger müde, viel leistungsfähiger und wesentlich weniger infektanfällig. Vor der OP musste ich mindestens einmal pro Jahr ein Antibiotikum nehmen. Meine Augenringe sind zurückgegangen, meine Haut ist nicht mehr so trocken und ich leide nicht mehr an Untergewicht. Meine PMS-Symptome sind zurückgegangen und meine Hormone immer noch intakt – keine vorzeitigen Wechseljahre. Das schönste ist, dass ich beim Sex keine Schmerzen mehr habe.

Natürlich ist nicht immer alles super. Ich spüre seit der OP stärker meinen Beckenboden und muss auf regelmäßiges Beckenbodentraining achten. Mit Inkontinenz habe ich keine Probleme, aber ab und zu tritt ungewollt ein Tönnchen aus, was mir doch etwas peinlich ist. Ich hoffe, dass ich das mit regelmäßigem Training noch besser in den Griff bekomme.

Im Nachhinein muss ich sagen, habe ich zu lange gewartet und hätte mich früher für die OP entscheiden sollen. Ich war aber mental lange nicht soweit. Ich kann Dir empfehlen, setze Dich intensiv mit Deiner Situation auseinander. Warte nicht bis Dein Körper vollkommen am Ende ist, denn dann dauert der Heilungsprozess unter Umständen deutlich länger und Dein Körper hat zu wenig Kraft für die Regeneration. Außerdem kann das Schmerzgedächtnis schon sehr ausgeprägt sein und die Nerven sich stark gereizt. Treffe aber auch nicht vorschnell eine Entscheidung, mit der Du Dich mental noch nicht 100% anfreunden kannst. Lass Dir Zeit für den Abschiedsprozess. 

 

Ich hoffe, ich konnte Dir mit diesem Artikel ein bisschen Mut machen. Wenn Du weitere Fragen hast, schreibe mir gerne.

7 Kommentare

  1. Vielen Dank. Dein Buch und deine Ratschläge haben mir sehr geholfen ☺️

    Antworten
    • Das freut mich sehr! Ich wünsche Dir alles Gute auf Deinem Weg.

      Antworten
      • Hallo, schade das ich deinen Blog erst nach meiner Hysterektomie gelesen habe. Ich glaube mir wäre ein langer Leidensweg erspart geblieben.Ich hatte schon immer strakr Blutungen, teils bis zu 400 ml in 4 Tagen. Grosse Myome etc wurden nicht entdeckt, also weiter gelitten. Dann kam nach einer Corona Infektion der Grosse Zusammenbruch. Eine Embolie im Arm, Thrombosen im Bein und dann ein HB Wert von 6, Eisenmangelanämie. Nach vielen Untersuchungen dann erstmal wieder zurück in den Alltag, Trotz Infusionen von Blut und Eisen immer wieder körperliche Müdigkeit, Schmerzen und immer wieder Blutungen. Diese traten dann teilweise mehrmals im Monat in der gleichen Heftigkeit auf. Also wurde ich mal wieder ins Krankenhaus geschickt. Da wurde dann gesagt, am besten eine Hysterektomie machen,auch wenn keine Myome und so zu sehen sind. Hormone kamen nicht in Frage,wegen den Embolien und Trombose. Ich war so verzweifelt,daß ich trotz grosser Angst vor der OP dann doch mich entschlossen habe es durchzuziehen. Am OP Tag lag ich fertig da, wurde nach 4 Stunden aber wieder nach Hause geschickt, durch das Schneechaos kein OP frei. Einen Monat später war es dann soweit. Nach der OP, bei der ich wieder 1600ml Blut verlor dann die Diagnose Adenomyose in einer sehr ausgeprägten Form. Hatte ich nie vorher gehört..
        Jetzt 4 Wochen nach der OP beginne ich mein Leben wieder zurück zu erobern. Ein völlig neues Lebensgefühl. .Leider habe ich deinen Blog erst jetzt gelesen. Danke dafür. Ich glaube das ist ein Thema das viele nicht kennen.

        Antworten
  2. Liebe Isabell, bei mir ist es im Sommer 1 Jahr her, ich werde dann auch ganz speziell daran denken was nun nicht bei mir ist. Ich habe kurz vor der OP dein Buch bestellt, und auch erhalten. Und was habe ich eine Angst gehabt, und Menschen die sagen das ist alles nicht so schlimm, sagen einfach nicht die Wahrheit. Es ist danach nicht einfach wieder auf die Beine zu kommen, ich habe massive Kreislaufprobleme gehabt, ich konnte nicht gehen, nicht stehen, kein Auto fahren. Aber mein Arzt hat immer gesagt, im Herbst wird es besser! Und er hat Recht gehabt. Meine Eisenwerte waren unterirdisch, ich bin an Tag 3 meiner Periode eigentlich nur noch im die Toilette geschlichen, konnte nicht arbeiten und das war schon echt schlimm. Alles in allen war die OP, die beste Entscheidung. Dein Buch hat mir sehr geholfen, auch heute gucke ich immer nochmal rein. Viele liebe Grüße

    Antworten
    • Liebe Tanja, vielen Dank für Dein Feedback. Ja, es stimmt, es braucht Zeit wieder auf die Beine zu kommen, vor allem, wenn man vor der OP schon sehr geschwächt war. Seitdem ich mich intensiv mit TCM beschäftige, weiß ich, wie schwer ein jahrelanger Blutmangel der Gesundheit schadet und es dauert wieder auf die Beine zu kommen. Ich sende Dir ganz liebe Grüße

      Antworten
  3. Meine Gebärmutter Entfernung ist nun 7 Monate her und nichts ist mehr wie es war die ständige Angst das die Blase oder Darm rausrutschen könnte meinen Bauch spüre ich immer noch nicht und von der Bauch Zunahme rede ich gleich gar nicht. Aber ich hatte leider keine Alternative.

    Antworten
    • Liebe Nicole, habe Geduld. Der Heilungsprozess kann viel Zeit in Anspruch nehmen, insbesondere wenn Dein Körper schon lange geschwächt war. Mir hat die TCM als Heilungsunterschützung sehr geholfen. Alles Gute für Dich und liebe Grüße

      Antworten

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner